Andrea aus Bayern: Unsere Tochter ist mittlerweile 25 Jahre. Vor ca. 20 Jahren wurde SSADH-Defizit diagnostiziert. Wenig Ärzte, geschweige denn Therapeuten konnten etwas mit der Krankheit anfangen. Ich schrieb große Kliniken in München, Berlin und Hamburg an, mit der Bitte meine Adresse an betroffene Eltern weiterzuleiten. Manche Krankenhäuser antworten, den meisten war es egal. Im Internet konnte ich nur einmal die Buchstaben SSADH lesen – beim Kindernetzwerk in Aschaffenburg. Jetzt bekam ich endlich den ersehnten Kontakt. Mittlerweile erhielt ich auch Briefe von drei weiteren Familien. Jetzt waren wir Fünf. Mails konnte nicht jeder empfangen, telefonieren war teuer (es gab noch keine Flatrate, also hieß es: Briefe schreiben -sehr, sehr mühsam. Nach einiger Zeit verliefen fast alle Verbindungen im Sande. Mit einer Mutter aus München telefoniere ich ab und zu. Eine Mutter habe ich bei der Vereinsgründung im März 2017 das erste Mal persönlich gesprochen mit der Feststellung, dass unsere Kinder sehr viel Hilfe benötigen und extrem unterschiedlich sind, aber außerordentlich liebenswürdig!!!
Tanja aus Mecklenburg-Vorpommern: „Auszeit mit Corona“: Für uns wurde die Corona-Epidemie im März 2020 zur Alltagswirklichkeit, da ab diesem Tag in MV alle Kitas und Schulen geschlossen wurden. Sie erwischte uns glücklicherweise dennoch nicht kalt, da wir glücklicherweise auch zwei „große Mädels“ haben, die tageweise bei der Kinderbetreuung einsprangen. Auch Jens war viel zu Hause, dass wir den Familienalltag nicht ständig neu überdenken mussten und ich ganz normal arbeiten gehen konnte. Der Alltag war ansonsten – wie bei Allen – völlig reduziert, keine Treffen mit Freunden und Familienmitgliedern aber zwangsläufig auch keine Extra-Termine (Sportverein, Ergotherapie, Konzerte, Weiterbildung, etc.), sodass plötzlich jede Menge Zeit vorhanden war. Für Lumea und uns war dies wie ein Innehalten, ein Atemholen. Wir waren viel spazieren, am Strand spielen und Fahrrad fahren. Lumi hat morgens lange ausgeschlafen und konnte auch mittags ausreichend ausruhen, sodass sie meistens gut gelaunt und fröhlich war. Das Verhältnis zur ihrer Schwester Liuna ist (noch) enger geworden, beide beginnen jetzt, wirklich miteinander zu spielen, was vorher eher ein Nebeneinander war. Lumi hat das Fahrradfahren für sich entdeckt (hinten im Kindersitz) und nahm auch schon mal von sich aus den Fahrradhelm in die Hand und zog einen von uns zum Fahrrad hin, so als wollte sie sagen „jetzt schieb‘ deinen Hintern auf den Sattel und lass uns losfahren“. Was ebenfalls neu ist, dass sie jetzt gern mal bei uns an der Hand geht, was sie vorher immer ziemlich blöd fand. Es ist ein schönes Gefühl, wenn sie ihre kleine Hand in meine Hand schiebt und sich bei der Dorfrunde aufgeregt über einen Hund oder ein Pferd freut („dadada“). Meine Urlaubswoche Ende April mit den beiden kleinen Mädels bestand aus gemeinsamem Essen – draußen sein – spielen – schlafen – vorlesen und dann wieder von vorn. Ich hätte im Vorfeld niemals gedacht, dass wir diese Zeit so entspannt genießen werden. Jetzt kehrt so langsam so etwas wie Normalität ein, Lumi und Liu gehen seit Montag wieder in ihre Kitas, die Abi-Prüfungen bei unserer Großen laufen, der Schulbetrieb soll in den nächsten Wochen vollständig aufgenommen werden. Das ist gut und wichtig so. Ich hoffe, dass es mir auch zukünftig im normalen hektischen Alltag häufiger gelingen wird, einfach mal anzuhalten.
Claudio aus Hessen: ich sage nicht, ich bin niemals frustriert – dass ich mit meinem Sohn immer noch nicht surfen war (und vielleicht niemals surfen werde), dass die Therapieentwicklung so unendlich lange dauert (und es vielleicht für meinen Sohn zu spät ist). Aber es gibt so viele Momente im Hier und Jetzt mit meinem Sohn, die sind ganz „normal“ – oder sogar noch besser – so wie dieser Mountainbike-Ausflug durch den Herbstwald: